Landkreis Esslingen

Foto der Preisträger

Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation

Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick

Einwohnerzahl 517.0001
Bundesland Baden-Württemberg
Titel des Beitrags Maßnahmennetz zur Alkoholprävention im öffentlichen Raum im Landkreis Esslingen
Schwerpunkt des Beitrags Umfassende Netzwerkstrukturen und breites Spektrum an Maßnahmen und Aktionen zur Alkoholprävention im öffentlichen Raum im Landkreis (Schwerpunkte: Stadtteile/Gemein­den, Feste, Straßenverkehr, Gewalt)
Einzelprojekte
  1. Next level – PAJ (Prävention alkohol-bedingter Jugendgewalt)
  2. Peer-Projekt an Fahrschulen – Alkohol und Drogen im Straßenverkehr
  3. Konzertierte Aktionen "Alkoholprävention und Jugendschutz"
Kontakt Elke Klös
Landkreis Esslingen
Beauftragte für Suchtprophylaxe/
Kommunale Suchtbeauftragte
Pulverwiesen 11
73728 Esslingen am Neckar
Tel.: +49 711 39022571
E-Mail: kloes.elke@lra-es.de

Anlass und Ausgangssituation

Im Zeitraum 2005 bis 2010 wurden im Landkreis Esslingen eine Zunahme der Zahl der Notaufnahmen in den sechs Krankenhäusern wegen Alkoholvergiftung von unter 21-Jährigen festgestellt sowie ein Zusammenhang zwischen Gewaltkriminalität und Alkoholmissbrauch ausgemacht. Aus den kreisangehörigen Kommunen wurde berichtet, dass es dort immer wieder zu Lärm, Sachbeschädigungen und Körperverletzungen unter Alkoholeinfluss kommt. Schulen konstatierten immer wieder Alkoholexzesse bei Schulabschlussfeiern. Rund um Veranstaltungen im Landkreis fielen viele Jugendliche mit massivem Alkoholkonsum auf.

Konzeption und Ziele

Schon 1992 wurde im Landkreis ein Aktionskreis Suchtprophylaxe unter Federführung der Beauftragten für Suchtprophylaxe geschaffen. Die Stelle ist als Stabsstelle beim Sozialdezernenten angesiedelt und finanziell getragen von Landratsamt, Sozialministerium und lange Jahre von den Krankenkassen. In der Lenkungskonferenz des Kommunalen Suchthilfenetzwerks, geleitet vom Sozialdezernenten des Landkreises, werden geeignete Maßnahmen zur Prävention des Alkoholmissbrauchs thematisiert. Die Geschäftsführung für das Kommunale Suchthilfenetzwerk und den Aktionskreis Suchtprophylaxe liegt bei der Beauftragten für Suchtprophylaxe/Koordination Suchtprophylaxe des Landkreises. Jährlich werden über 400 Veranstaltungen in den multidisziplinär zusammengesetzten Fachgruppen entwickelt und in enger Zusammenarbeit mit den Suchtberatungsstellen im Landkreis umgesetzt. In den Fachgruppen des Aktionskreises Suchtprophylaxe sind über 150 verschiedenen Einrichtungen im Landkreis und über 350 engagierte Personen unterschiedlichster Berufsgruppen vertreten.

Grafische Darstellung des Kommunalen Suchthilfenetzwerkes Landkreis Esslingen

Vorgehen und Umsetzung

Seit 2004 werden verstärkt Maßnahmen zur Alkoholprävention im öffentlichen Raum entwickelt und umgesetzt, in enger Zusammenarbeit mit den Suchtberatungsstellen, der Polizeidirektion, der Führerscheinstelle und allen 44 Kommunen. Insbesondere folgende Maßnahmen und Projekte werden für die einzelnen Schwerpunktbereiche ergriffen:

Gemeinden/Stadtteile

  • Seit 2004 werden in Kooperation von Landrat und Polizeidirektor regelmäßig alle (Ober-)Bürgermeister der 44 Kommunen auf die Erfordernisse des Jugendschutzes hingewiesen. Ihnen werden Informationsmaterialien und Veranstaltungen für Gemeinderäte sowie Schulungen für Vereine und Feuerwehren angeboten.
  • Um Jugendliche, die im öffentlichen Raum durch Alkoholmissbrauch, Lärm, Zerstörung, Verschmutzung auffallen, und ihre Eltern anzusprechen, wurde von der Polizeidirektion Esslingen in Abstimmung mit der Suchtprophylaxe des Landkreises ein "Blauer Brief" entworfen und den Kommunen als Muster zur Verfügung gestellt. Jugendliche und ihre Eltern sollen nach Auffälligkeiten angeschrieben und vom Bürgermeister zum Gespräch eingeladen werden.
  • Erwachsene Ehrenamtliche sind im öffentlichen Raum abends als "Nachtwanderer" unterwegs und präsent, um mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen und mit ihnen den Umgang mit Alkohol zu thematisieren.

Öffentliche Feste/Veranstaltungen

  • "Schau hin" (entwickelt von Mobiler und Offener Jugendarbeit und der Jugend- und Drogenberatung): Bei Festen wird Präsenz gezeigt, Alkohol konsumierende Jugendliche werden angesprochen und für Konsequenzen sensibilisiert.
  • Kontrollen zur Überwachung von Faschingsveranstaltungen und Kooperationen mit Faschingsverbänden finden statt; Tankstellen und Verkaufsstellen im Umfeld von Schulabschlussfesten bekommen Jugendschutz-Infos.
  • Mit dem VfB Stuttgart wurde das Präventionsprojekt "Mit Spaß und Spiel gegen Sucht und Gewalt" mit Fußballspielern als Vorbilder und Gesprächspartner für Jugendliche aufgebaut und zum dritten Mal durchgeführt.

Straßenverkehr

  • Auf Anregung des Sozialministeriums und des Landesgesundheitsamts wurde das Peer-Projekt an Fahrschulen "jung, mobil & KLAR" zum Thema Alkohol und Straßenverkehr als Modellprojekt von den Landkreisen Esslingen und Göppingen erprobt und seither im Landkreis umgesetzt. Junge Leute mit Führerschein werden als Peers ausgebildet und setzen sich ergänzend zum Fahrschulunterricht mit den Fahrschülern über den Umgang mit Alkohol und Drogen auseinander.
  • Die "Gelbe Karte" von der Führerscheinstelle wird vor allem an junge Menschen geschickt, die mit Alkohol, Drogen und Gewalt im Gemeinwesen aufgefallen sind. Sie werden auf die möglichen Folgen und Auswirkungen auf ihren Führerschein hingewiesen und auf die Angebote der Suchtberatungsstellen aufmerksam gemacht.

Gewaltdelikte unter Alkoholeinfluss

  • Für Jugendliche, die in Zusammenhang mit alkoholbegleiteten Straftaten auffallen, wurde in Kooperation mit Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgerichtshilfe und den Jugendgerichten das Bundesmodellprojekt "AlF – Frühintervention bei Alkoholmissbrauch" aufgebaut.
  • Das Projekt "next level" zur Prävention alkoholbedingter Jugendgewalt wird gemeinsam mit Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgerichten, Jugendgerichts- und Bewährungshilfe von der Jugend- und Drogenberatung durchgeführt. Nehmen auffällig gewordene Jugendliche an einem Kurs "light" (25 Stunden) oder "heavy" (45 Stunden) teil, kann ein Gerichtsverfahren durch die Staatsanwaltschaft oder durch das Gericht eingestellt werden.

Begründung der Prämierung

Die Maßnahmen zur Alkoholprävention sind eingebettet in ein landkreisweites Konzept zur Suchtvorbeugung. Das Konzept wurde erarbeitet vom Aktionskreis Suchtprophylaxe, der als zentrales Netzwerk im Landkreis fungiert und die wesentlichen Akteure bündelt. Dort gibt es auch Möglichkeiten für ehrenamtliche Arbeit. Die Kommune hat eine federführende Rolle; koordiniert wird das Netzwerk und werden die Maßnahmen durch die Beauftragte für Suchtprophylaxe, so dass auch die kommunalpolitische Rückendeckung sichergestellt ist.
Sowohl Gesamtkonzeption als auch die drei Einzelprojekte, die darin hervorragend eingebettet sind, belegen einen umfassenden und ganzheitlichen Ansatz der Suchtprävention, wobei der Alkoholprävention ein besonderer Stellenwert zukommt. Der öffentliche Raum als Setting wird mit einem breiten Maßnahmenbündel an konzertierten Aktionen, zielgruppenspezifischen Gruppenangeboten und Projekten sowie Multiplikatorenschulungen abgedeckt. Einen besonderen Stellenwert hat die Verhältnisprävention, bei der Suchtprävention, Gewaltprävention und Ordnungspolitik im Sinne des Jugendschutzes eng zusammenarbeiten.
Hervorzuheben ist zudem die Kontinuität der Zusammenarbeit und der Maßnahmen, die durch eine aktive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden. Sucht- und Alkoholprävention werden im Landkreis zu einem "gesellschaftlichen Auftrag".

 

Die Fotos zeigen Jugendliche beim Testen von Rauschbrillen (Tunnelblick) und eine Gruppe junger Peers

 

Zum Originalwettbewerbsbeitrag des Landkreises Esslingen.

 

1 Die Einwohnerzahlen der prämierten Kommunen wurden folgenden Quellen entnommen: Statistisches Bundesamt: Gemeindeverzeichnis online, https://www.destatis.de/gv/ (Abruf Februar 2013); Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Regionaldatenbank, https://www.regionalstatistik.de (Abruf Februar 2013).