Stadt Leipzig

Foto der Preisträger

Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation

Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick

Einwohnerzahl 531.8091
Bundesland Sachsen
Titel des Beitrags "Von der Straße ins Leben" – Aufsuchende Hilfen für erwachsene Alkoholabhängige im öffentlichen Raum
Schwerpunkt des Beitrags Modellprojekt der aufsuchenden Straßensozialarbeit für erwachsene alkoholkranke Menschen (analog der Straßensozialarbeit mit Jugendlichen in Leipzig)
Kontakt Sylke Lein
Stadt Leipzig
Suchtbeauftragte
Friedrich-Ebert-Straße 19a
04109 Leipzig
Tel.: +49 341 1236761
E-Mail: Sylke.Lein@leipzig.de

Anlass und Ausgangssituation

Laut Suchtbericht der Stadt Leipzig sind alkoholkranke Menschen mit über 60 Prozent die Gruppe, die am häufigsten die Suchtberatungsstellen in Leipzig aufsucht, allerdings meist zu einem späten Zeitpunkt, d.h. nach Jahren der Suchtkarriere mit einer Vielzahl gesundheitlicher und sozialer Probleme. Darüber hinaus wird festgestellt, dass Alkohol zunehmend im öffentlichen Raum konsumiert wird. Vor diesem Hintergrund beschloss die Leipziger Ratsversammlung im Jahr 2007 die Initiierung eines Modellprojekts zur aufsuchenden Straßensozialarbeit für Alkoholkranke.

Konzeption und Ziele

An der Entwicklung der Projektkonzeption beteiligten sich unter der Moderation der Suchtbeauftragten Träger der Suchthilfe, der Wohnungslosenhilfe, das Sozialamt, das Ordnungsamt, die Polizeidirektion und medizinische Einrichtungen. Eine Situationsanalyse des Ordnungsamts, in der sogenannte Trinkerplätze sowie Personen und Problemlagen erfasst wurden, sowie eine Bestandsaufnahme der sozialen Hilfeeinrichtungen zeigte, dass die vorhandenen Angebote überwiegend nach der klassischen Komm-Struktur arbeiten. Durch das Modellprojekt sollte die Versorgungslücke bei niedrigschwelligen Angeboten für alkoholkranke Menschen geschlossen werden.

Basierend auf den positiven Erfahrungen der Straßensozialarbeit mit Jugendlichen richtet sich das Modellprojekt als indizierte Prävention an Männer und Frauen, die auf öffentlichen Plätzen Alkohol konsumieren und eine Alkoholabhängigkeit oder Missbrauchsverhalten aufweisen, keine oder nur einen beschränkten Zugang zu den Hilfesystemen haben und deren Lebensumstände von besonderen sozialen Schwierigkeiten geprägt sind. Sie werden an den Stellen aufgesucht, an denen sie sich zum Alkoholkonsum treffen, z.B. vor Supermärkten.

Der umfangreiche Zielkatalog des Projekts ist in strategische (u.a. Stärkung des Sicherheitsgefühls der Anwohner, Erwirken eines verträglichen Nebeneinanders, Erstintervention) sozialpolitische (u.a. Kontaktaufnahme, Erstberatung und Vermittlung, Förderung der Selbstverantwortung), suchtspezifische (u.a. Sicherung des Überlebens, Akzeptanz des Hilfebedarfs, Entwicklung von Alternativen zum Suchtmittelmissbrauch) und ordnungspolitische Ziele (u.a. Verbesserung der Ordnung und Sicherheit, Rückgang der Delikte und der Beschwerden) unterteilt. Darauf aufbauend sollen sowohl verhältnis- als auch verhaltenspräventive Maßnahmen eingeleitet werden. Zudem wird Suchtspezifik in einen übergeordneten
Rahmen (Ordnungspolitik, öffentlicher Raum, Stadtentwicklung) eingebettet.

Weitere, nachgeordnete Zielgruppen sind Anwohner und Geschäftsinhaber.

Das Foto zeigt zwei Leipziger Streetworker mit Fahrrädern.

Vorgehen und Umsetzung

Die aufsuchende Arbeit steht im Mittelpunkt des Projektes, um die niederschwellige Kontaktaufnahme mit Personen im öffentlichen Raum zu sichern. Einsatzorte und Einsatzzeiten des zweiköpfigen Teams werden den aktuellen Bedürfnissen der Zielgruppen angepasst. Dabei übernimmt das Team mehrere Aufgaben:

  • Konfliktregelung (Kommunikation) im öffentlichen Raum: Durch sozialarbeiterische und kommunikative Kompetenz sollen akute Konflikte geregelt und mittelfristig ein tolerantes "Nebeneinander" im öffentlichen Raum erreicht werden.
  • Interventionen: In Notfällen (Alkoholvergiftung, Verletzungen durch Gewalt oder Verwahrlosung) leisten die Mitarbeiter Erste Hilfe und informieren die Rettungsleitstelle.
  • Kooperation und Vernetzung: Unter Vernetzung werden Tätigkeiten verstanden, die dem Aufbau und der Erhaltung von Kommunikations- und Informationsstrukturen, der Nutzung von Synergieeffekten, gemeinsamer Lobbyarbeit und dem Abbau von Konkurrenz zwischen verschiedenen Institutionen, Trägern und politisch Verantwortlichen dienen. Ein wichtiges Instrument ist dabei der Qualitätszirkel, an dem verschiedene Institutionen beteiligt sind, z.B. Suchtbeauftragte, SZL Suchtzentrum gGmbH, Quartiermanagement, Vertreter der Wohnungslosenhilfe, Ordnungsamt, Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung und Vertreter von Bürgervereinen.

Es erfolgt eine jährliche Berichterstattung an die Suchtbeauftragte, und die Projektergebnisse sind Bestandteil des jährlichen Suchtberichts der Stadt Leipzig.

Von 2009 bis 2012 erfolgte, finanziert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), die zunächst pilothafte Umsetzung in einem ausgewählten Stadtteil. Seit 2012 wird das Projekt über das Gesundheitsamt finanziert und konnte auf weitere Stadtteile ausgedehnt werden.

Ein fortlaufendes Monitoring dient der Qualitätssicherung und der kontinuierlichen Verfolgung und Überprüfung der Zielsetzungen. Der begleitende Qualitätszirkel tagt einmal im Quartal. Die positive Evaluierung der Implementierungsprozesse und ihrer Wirksamkeit durch die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig führte zur Verstetigung und nachhaltigen Verankerung des Projekts.

Begründung der Prämierung

Der Beitrag trifft in seiner Verknüpfung von suchtpräventiven Maßnahmen mit Ansätzen der integrierten Stadtteilentwicklung und der Fokussierung auf den öffentlichen Raum das Wettbewerbsthema umfassend und genau.

Das Projekt basiert auf einer Ausgangs- und Bedarfsanalyse, hat Ziele detailliert festgelegt und setzt Instrumente des Qualitätsmanagements und der Evaluation ein. Es erfüllt damit alle Kriterien eines qualitätsvollen Projektansatzes.

Das Projekt ist ganzheitlich angelegt und nimmt verschiedene Zielgruppen und unterschiedliche Orte des öffentlichen Raums (Quartier, besondere Straßen/ Plätze, Spielplätze, öffentliche Park- und Grünanlagen, öffentliche Veranstaltungen) in den Blick.

Foto von Leipziger Streetworkern und ihre Clienten

 

Zum Originalwettbewerbsbeitrag der Stadt Leipzig.

 

1 Die Einwohnerzahlen der prämierten Kommunen wurden folgenden Quellen entnommen: Statistisches Bundesamt: Gemeindeverzeichnis online, https://www.destatis.de/gv/ (Abruf Februar 2013); Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Regionaldatenbank, https://www.regionalstatistik.de (Abruf Februar 2013).