Main-Tauber-Kreis

Foto der Preisträger

Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation

Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick

Einwohnerzahl 132.9931
Bundesland Baden-Württemberg
Titel des Beitrags Alkoholprävention im öffentlichen Raum für den Main-Tauber-Kreis
Schwerpunkt des Beitrags Gesamtkonzept zu Alkoholprävention mit Schwerpunkt "Jugendliche im öffentlichen Raum" und mit verhaltens- und verhältnispräventiven Ansätzen
Einzelprojekte
  1. Neue Festkultur
  2. "Nachtwanderer"
  3. Konfliktkultur
Kontakt Sandra Hügel
Landratsamt Main-Tauber-Kreis
Gesundheitsamt
Kommunale Suchtbeauftragte
Albert-Schweitzer-Straße 31
97941 Tauberbischofsheim
Tel.: +49 9341 825573
E-Mail: sandra.huegel@main-tauber-kreis.de

Anlass und Ausgangssituation

Der ländlich geprägte Main-Tauber-Kreis nahm in den Jahren 2001 bis 2007 bei Krankenhauseinlieferungen wegen akuter Alkoholintoxikation nach Alkoholexzessen von Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg den Spitzenplatz ein.

Angesichts dieser Problemlage sind im Main-Tauber-Kreis seit vielen Jahren verschiedene Akteure in der Sucht- und Gewaltprävention sowie in der Gesundheitsförderung tätig. Bereits im Jahr 2009 wurde ein kommunales Suchthilfenetzwerk gegründet, das eine koordinierte Weiterentwicklung der Strukturen im Landkreis fördern soll und vor allem der Vernetzung der beteiligten Stellen dient. Im kommunalen Suchthilfenetzwerk sind unter anderem auch verschiedene Krankenkassen vertreten.

Eine steuernde und koordinierende Rolle kommt dem Aktionskreis Suchtprophylaxe (AkS) zu, der die verschiedenen Organisationen und Personen miteinander vernetzt und dafür Sorge trägt, dass ein einheitliches Präventionsverständnis entwickelt sowie verbindliche und dauerhafte Präventionsstrukturen aufgebaut werden. Im AkS sind unter anderem die Suchtberatungsstellen, das Gesundheitsamt, das Jugendamt, die Jugendsozialarbeit, die Sportjugend, die Präventionsbeauftragten des Regierungspräsidiums Stuttgart, die Polizei sowie Ehrenamtliche vertreten. Der Aktionskreis tritt mehrmals im Jahr zusammen.

Im Frühjahr 2012 erfolgte zudem die Gründung des Gesundheitsnetzwerkes Main-Tauber.

Konzeption und Ziele

Im Zusammenhang mit dem 6. Wettbewerb hat der Landkreis erstmals ein Konzept zur Alkoholprävention schriftlich fixiert. Die konzeptionelle Unterlegung der Alkoholprävention steht in engem Zusammenhang mit den gegenwärtig starken Bemühungen, Sucht- und Alkoholprävention, Gewaltprävention und Gesundheitsförderung stärker zu integrieren sowie die vielfältigen und teilweise bereits seit Jahren bestehenden Netzwerke zu verknüpfen und auszubauen. Die im Konzept zur Alkoholprävention zusammengefassten Programme, Einzelelemente und Projekte laufen zum Teil bereits seit Jahren.

Vorgehen und Umsetzung

Kernelement des Beitrags sowie des Alkoholpräventionsprogramms des Kreises sind drei Einzelprojekte, die teilweise programmatischen Charakter haben und durch weitere Projekte und Maßnahmen zur Prävention im Landkreis ergänzt werden.

  • Beim Konzept Neue Festkultur, ein Import aus dem Landkreis Sigmaringen, handelt sich um gemeinsame Leitlinien für öffentliche Festveranstaltungen (Eingangskontrollen und Regelungen zum Alkoholausschank) sowie eine Selbstverpflichtung der Veranstalter zur Einhaltung dieser Leitlinien, zum Teil durch eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Veranstaltern und den Gemeinde- bzw. Stadtverwaltungen bekräftigt. Die Leitlinien für eine neue Festkultur haben seit April 2009 unter der Leitung des Landrats und begleitet durch ein Projektteam flächendeckende Umsetzung im Landkreis erfahren. Mittlerweile kommen sie in allen Städten und Gemeinden des Landkreises zur Anwendung.
  • Im Projekt Nachtwanderer stehen Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die keinen Einlass bei Veranstaltungen finden bzw. sich mit  Freunden  im Park oder an anderen öffentlichen Plätzen treffen, sogenannte Nachtwanderer als Ansprechpartner zur Verfügung. Nachtwanderer sind ehrenamtliche Streetworker. Sie sind in kleinen Gruppen an den Wochenenden zwischen etwa 22:00 und 3:00 Uhr überall dort unterwegs, wo Jugendliche im öffentlichen Raum anzutreffen sind. Die Nachtwanderer haben ein Deeskalationstraining bei der Polizei, eine Erste-Hilfe-Ausbildung sowie Beratung und Hilfestellung durch den Aktionskreis Suchtprophylaxe erhalten. Ziel ist es, Hilfe und Unterstützung in verschiedenen Situationen anzubieten, für respektvolles Miteinander einzutreten und Aggressionen und Vandalismus vorzubeugen.
  • Mit dem Projekt Konfliktkultur wird bereits seit 1999 ein Präventionsprogramm für Schüler aller Altersklassen angeboten. Professionelle Mitarbeiter werden durch den Einsatz speziell ausgebildeter Jugendlicher (Peers) unterstützt. Peers kommen insbesondere bei den Konzeptbausteinen Streitschlichtung und Schülermultiplikatorenausbildung zum Einsatz. Im Rahmen des Programms gibt es auch ein Konflikttraining für Eltern.

 

Das Foto zeigt eine Grußße von Menschen in rot-blauen Jacken, des Projekts "Nachtwanderer" vor ihrem insatz

Krankenkassen sind für die Präventionsarbeit im Main-Tauber-Kreis ein wichtiger Partner. So beteiligen sich verschiedene Krankenkassen am Kommunalen Suchthilfenetzwerk (AOK, DAK, Barmer GEK und Innungskrankenkassen) und tragen damit Verantwortung für die inhaltliche Ausrichtung und finanzielle Absicherung der präventiven Aktivitäten. Hierbei ist insbesondere das Engagement der AOK hervorzuheben, die anteilig das Projekt "HaLT – Hart am Limit" und die Stelle der Kommunalen Suchtbeauftragten mit einem jährlichen Zuschuss von 3.750 Euro unterstützt. Grundlage hierfür ist die Übereinkunft der AOK-Bezirksdirektionen mit dem Landkreistag Baden-Württemberg zur Unterstützung der Kommunalen Suchtbeauftragten in ihren Regionen und zur Umsetzung und Durchführung von suchtpräventiven Projekten. Darüber hinaus ist die DAK Trägerin des Projektes "bunt statt blau" – ein Plakatwettbewerb für Schüler und Schülerinnen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren zum Thema "Komasaufen".

Begründung der Prämierung

Titelseite des Flyers zum Projekt "Neue Festkultur"Durch das erstmals schriftlich fixierte und durch Schlüsselprojekte und -programme unterlegte Konzept zur Alkoholprävention im öffentlichen Raum gelingt es dem Landkreis, seine vielfältigen Aktivitäten und die Netzwerkarbeit noch zielorientierter als bislang auszurichten. Dabei steht die Verbesserung des Ineinandergreifens unterschiedlicher Präventionsansätze und Settings für den öffentlichen Raum im Vordergrund: Sucht- und Alkoholprävention, Gewaltprävention und Gesundheitsförderung werden stärker als bislang miteinander verzahnt und aufeinander abgestimmt. Dies ist eine gerade für den ländlichen Raum sehr effektive Vorgehensweise. Damit einher geht eine grundsätzliche Stärkung der Präventionsarbeit; das Themen- und Handlungsfeld hat im Landkreis hohe Priorität.

Der Beitrag zeichnet sich darüber hinaus durch einen vorbildlichen Mix aus verhaltens- und verhältnispräventiven Ansätzen aus, die ein breites Spektrum an Zielgruppen im Blick haben (Jugendliche, Eltern, Lehrer, Ehrenamtliche, Gastronomie, Veranstalter) und auf den öffentlichen Raum fokussieren.

Besonders hervorzuheben sind das finanzielle Engagement und die inhaltliche Kooperation der Krankenkassen, insbesondere der AOK, die anteilig das Projekt "HaLT" und die Stelle der Kommunalen Suchtbeauftragten unterstützt und neben drei weiteren Krankenkassen im Kommunalen Suchthilfenetzwerk mitwirkt. Hierdurch belegen die Krankenkassen ihr Interesse am Engagement für die Alkohol­prävention im öffentlichen Raum. Zudem setzen sie durch ihre gemeinsame Beteiligung ein deutliches Zeichen dafür, dass Krankenkassen zusammen die Prävention stärken können und nicht als Konkurrenten auftreten müssen.

Vorbildlich ist auch das gesellschaftliche Engagement zur finanziellen Absicherung der Aktivitäten. Um das Angebot aufrechterhalten und weitere Maßnahmen finanzieren zu können, wurde im Oktober 2011 der Förderverein Aktionskreis Suchtprophylaxe im Main-Tauber-Kreis e.V. gegründet. Für den Vorsitz des Fördervereins konnte ein Bundestagsabgeordneter gewonnen werden, wodurch die politische Rückendeckung für die Suchtprävention im Kreis gestärkt wird.

Getragen wird die Präventionsarbeit im Landkreis durch eine nachhaltige Netzwerkarbeit, die sich durch ressortübergreifendes Engagement des Landkreises, die Verknüpfung unterschiedlicher themenrelevanter Handlungsfelder sowie kommunalpolitische Unterstützung auszeichnet. Nicht zuletzt deswegen erzielen die Maßnahmen und Programme große Breitenwirkung im Kreis.

 

Zum Originalwettbewerbsbeitrag des Main-Tauber-Kreises.

 

1 Die Einwohnerzahlen der prämierten Kommunen wurden folgenden Quellen entnommen: Statistisches Bundesamt: Gemeindeverzeichnis online, https://www.destatis.de/gv/ (Abruf Februar 2013); Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Regionaldatenbank, https://www.regionalstatistik.de (Abruf Februar 2013).