Landeshauptstadt München

Foto der Preisträger

Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation

Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick

Einwohnerzahl 1.378.1761
Bundesland Bayern
Titel des Beitrags Münchner Programm zur Prävention des Missbrauchs von Alkohol und anderen Suchtmitteln bei Kindern und Jugendlichen
Schwerpunkt des Beitrags Gesamtkonzept zur Alkoholprävention bei Kindern und Jugendlichen. Ein Baustein des Konzepts ist der öffentliche Raum.
Einzelprojekte
  1. Streetwork auf der Partymeile
  2. Jugendschutz auf dem Oktoberfest – Modell der kurzen Wege: zwischen Notfallhilfe und Prävention
  3. Hinschauen und Handeln in München
Kontakt Viktoria Racic
Landeshauptstadt München
Referat für Gesundheit und Umwelt
Koordinatorin für Suchtprävention
Bayerstraße 28a
80335 München
Tel.: +49 89 23347553
E-Mail: viktoria.racic@muenchen.de

Anlass und Ausgangssituation

In der Landeshauptstadt München ist der Bier- und Wein-Konsum von 15-Jährigen im Vergleich zu anderen deutschen Städten überdurchschnittlich hoch. Statistiken, die im Rahmen des Münchner HaLT-Projektes erstellt wurden, belegen, dass im Jahr 2010 durchschnittlich ein Jugendlicher pro Tag wegen einer Alkoholvergiftung in einer Münchner Klinik behandelt wurde. Darüber hinaus stellt die Oktoberfestzeit ("Wiesn") eine besondere Herausforderung für die Alkoholprävention im öffentlichen Raum in München dar. Seit 2008 ist die Zahl der alkoholisierten Jugendlichen, die von der Jugendschutzstelle auf dem Oktoberfest betreut wurden, deutlich angestiegen.

Vor diesem Hintergrund hat der Stadtrat das Referat für Bildung und Sport, das Sozialreferat und das Referat für Gesundheit und Umwelt damit beauftragt, unter Einbindung bereits bestehender Präventionsangebote und Einbeziehung stadtverwaltungsexterner Institutionen ein Münchner Programm gegen Alkoholmissbrauch bei Kindern und Jugendlichen zu entwickeln. Zu diesem Zweck wurden die drei Referate zusätzlich mit je einer Stelle und einem gemeinsamen Budget (jährlich 90.000 Euro) ausgestattet und im Oktober 2011 vom Stadtrat mit der Umsetzung betraut.

Grundlagen für die Erarbeitung des Programms waren eine Bestandsaufnahme bereits vorhandener Präventionsangebote, eine Befragung in verschiedenen Settings zu Problemlagen und Wünschen sowie die Erstellung von Fachexpertisen.

Konzeption und Ziele

Unter der übergreifenden Zielvorgabe der Schaffung und Förderung gesundheitsförderlicher Lebenswelten und der Stärkung eines risikobewussten Umgangs mit Suchtmitteln wurde eine Zielmatrix entwickelt, die ein breites Spektrum von Verhaltens- und Verhältnisprävention abdeckt. Das Programm ist insgesamt darauf ausgerichtet, dass Prävention möglichst frühzeitig beginnt (Frühe Hilfen), sich über die Kindertageseinrichtungen und Schulen fortsetzt, den Freizeitbereich, Jugendschutz sowie darüber hinausgehende gesetzliche Möglichkeiten stärker als bisher berücksichtigt und auch Erwachsene einbezieht.

Schematische Darstellung des Programms und der Akteure

Das Programm setzt sich aus sechs Modulen zusammen: interaktive Methoden für Jugendliche/Öffentlichkeitskampagne, Freizeit/Jugend, KiTa/Schule, Fachkräfte/Lehrkräfte, Jugendschutz, Eltern/Familien. Der Baustein öffentlicher Raum ist dem Modul Jugendschutz zugeordnet und wird über mehrere Projekte und Maßnahmen konkretisiert. Primäre Zielgruppe hierbei sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, aber auch Erwachsene werden in ihren Rollen als Eltern, Multiplikatoren und Vorbilder in den Blick genommen. Die Zielgruppen sollen an unterschiedlichen Orten des öffentlichen Raums (u.a. öffentlicher Personennahverkehr, Party-/Feiermeile, Oktoberfest) und in verschiedenen Settings (Schule, Familie, Jugendtreffs) erreicht werden.

Vorgehen und Umsetzung

Verantwortlich für die Konzeption, (Weiter-)Entwicklung und Umsetzung des Münchner Programms ist ein Koordinationsteam, das sich aus den drei federführenden Referaten zusammensetzt. Das Team arbeitet auf der Grundlage gemeinsam entwickelter "Richtlinien Alkohol-/Suchtprävention in München". Über den Stadtratsauftrag hinaus haben die drei Referate ihre Zusammenarbeit durch eine Kooperationsvereinbarung untermauert. In dieser Vereinbarung sind auch die jeweiligen Verantwortungsbereiche festgelegt. Der kommunale Einfluss ist durch von der Stadt initiierte Arbeitskreise und Zielvereinbarungen mit Dritten gewährleistet.

Das Münchner Programm gegen Alkoholmissbrauch umfasst eine Reihe von Einzelprojekten und Maßnahmen mit Bezug zum öffentlichen Raum. Hierzu zählen u.a.:

  • Streetwork auf der Partymeile ist ein Kooperationsprojekt an der Schnittstelle zwischen Sucht- und Gewaltprävention. Es handelt sich um nächtliche Einsätze von Streetworkern auf der Party- und Feiermeile Münchens. Zielgruppe sind Jugendliche und junge Erwachsene von 14 bis 24 Jahren. Vorrangige Ziele sind die Sensibilisierung für die Themen Alkoholmissbrauch, Sucht und Gewalt. Die Umsetzung erfolgte zum ersten Mal auf dem Oktoberfest 2012.
  • Das Projekt Jugendschutz auf dem Oktoberfest – Modell der kurzen Wege zwischen Notfallhilfe und Prävention befördert die Zusammenarbeit zwischen Jugendschutz, Gewerbetreibenden, Veranstaltern, Polizei, Bayrisches Rotes Kreuz und Festspielleitung. Im Vorfeld der "Wiesn" werden Gewerbetreibende/Veranstalter beraten. Beim Fest selbst ist der Jugendschutz mit fünf Fach- und Hilfskräften vor Ort.
  • Kern des Projekts Hinschauen und Handeln in München bilden Schulungsreihen zur Prävention für Lehrer, (Sozial-)Pädagogen und Trainer sowie Eltern. Ziel ist es, möglichst viele Multiplikatoren heranzuziehen und zu begleiten, so dass Kinder und Jugendliche eine Förderung ihrer Lebenskompetenzen und Resilienz erfahren.
  • Cool bleiben – friedlich feiern in München konzentriert sich räumlich auf die sogenannte Party- und Feiermeile, in der sich zahlreiche Clubs konzentrieren, und umfasst neben Polizeipräsenz auch Streetwork.
  • Jugendschutz – wir halten uns dran: Über die Vernetzung mit dem Kreisverwaltungsreferat wird die Fachstelle Jugendschutz des Stadtjugendamtes über alle Neukonzessionen von Clubs und Gaststätten in Kenntnis gesetzt. Seitens des Jugendschutzes werden alle Betreiber schriftlich über die einschlägigen Gesetze aufgeklärt und für deren Einhaltung als verantwortlich erklärt.

Zudem wurde 2009 ein Alkoholverbot im öffentlichen Personennahverkehr erlassen, wird Flatratepartys entgegengewirkt, die Mediation im öffentlichen Raum ausgebaut, die Aktion "Sichere Wiesn für Mädchen und Frauen" durchgeführt und das Projekt "HaLT" umgesetzt.

Evaluation sowie Qualitätssicherung sind gewährleistet. Die Ziele sind mit Messgrößen hinterlegt und unterliegen einem jährlichen Controlling. Neu implementiert werden nur Projekte, die evaluiert werden, bereits evaluiert wurden oder sich andernorts bewährt haben.

Begründung der Prämierung

Flyer des Projekts cool bleibenAufbauend auf einer lokal ausgerichteten und empirisch fundierten Ausgangs- und Bedarfsanalyse wird ein programmatisches Gesamtkonzept zur Alkoholprävention vorgelegt und mit Projekten und Maßnahmen unterlegt, die einen vorbildlichen Bezug zum öffentlichen Raum aufweisen.
Durch die Erarbeitung einer Zielmatrix, die auch eine zeitliche Agenda enthält, ist die Umsetzung als stufenweiser Prozess angelegt. Im Zuge der Umsetzung werden Teilziele mit den Beteiligten detailliert festgelegt und bedarfsorientiert Zielmodifizierungen vorgenommen.

Verhaltens- und verhältnispräventive Elemente ergänzen sich vorbildlich. Programm und Projekte beziehen verschiedene Settings und Zielgruppen ein und zielen im gesamten Lebensverlauf auf "gesunde Lebenswelten".
Die politische Rückendeckung (Stadtratsbeschluss) für das Programm ist bis in die Zielmatrix hinein gesichert. Die kommunale Verantwortlichkeit sowie die themen- und ressortübergreifende Zusammenarbeit sind durch die Kooperation der drei für die Programmumsetzung hauptverantwortlichen Referate gewährleistet.

Koordination und Projektumsetzung sind durch ein eigenes jährliches Budget sowie über Personalstellen nachhaltig gesichert.

Die Zusammenarbeit mit verwaltungsexternen Partnern ist durch schriftliche Kooperationsvereinbarungen zwischen der Stadt und verschiedenen Einrichtungen gewährleistet.

Eine nachhaltige Implementation ist darüber gewährleistet, dass Projekte über eine Regelförderung Planungssicherheit erhalten und Einrichtungen längerfristig begleitet werden. Anstelle einer Vielzahl an Einzelprojekten wird Prävention in Form eines Gesamtkonzepts verankert.

 

Zum Originalwettbewerbsbeitrag der Landeshauptstadt München.

 

1 Die Einwohnerzahlen der prämierten Kommunen wurden folgenden Quellen entnommen: Statistisches Bundesamt: Gemeindeverzeichnis online, https://www.destatis.de/gv/ (Abruf Februar 2013); Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Regionaldatenbank, https://www.regionalstatistik.de (Abruf Februar 2013).