Verbandsgemeinde Nierstein-Oppenheim

Foto der Preisträger

Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation

Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick

Einwohnerzahl 7.9081
Bundesland Rheinland-Pfalz
Landkreis Mainz-Bingen
Titel des Beitrags Free Room – Alkoholfrei feiern nicht nur für junge Besucher. 0% Alkohol – 100% Genuss
Schwerpunkt des Beitrags Niedrigschwelliges Alkoholpräventionsprojekt mit der Zielgruppe Jugendliche/junge Erwachsene mit einem Peer-Ansatz für das "Taubertalfestival"
Einzelprojekte
  1. Free Room auf dem Fest
  2. Free Room – Multiplikatoren-Aktion "Über sich hinausgewachsen"
  3. Rechtliche Begleitmaßnahmen
Kontakt Susanne Hippler
Kriminalpräventiver Rat der
Verbandsgemeinde Nierstein-Oppenheim
San´Ambrogio-Ring 33
55276 Oppenheim
Tel.: +49 6133 4901242
E-Mail: susanne.hippler@nierstein-oppenheim.de

Anlass und Ausgangssituation

Die Verbandsgemeinde Nierstein-Oppenheim liegt in einer ländlichen Region, in der Weinfeste zum "festlichen Alltag" gehören. Unter Bezugnahme auf die Polizeistatistiken wird für die Verbandsgemeinde ein Zusammenhang zwischen Straf- bzw. Gewalttaten und Alkoholmissbrauch festgestellt. Dies bestätigen für Nierstein-Oppenheim insbesondere Erfahrungsberichte der Polizei- und Ordnungsbehörden und die Auswertung der Einsatzberichte der Hilfsdienste. Es wird festgestellt, dass hierbei nahezu alle Feste in der Region Schwerpunktbereiche sind.

Konzeption und Ziele

Titelblatt des FlyersVor diesem Hintergrund hat die Arbeitsgruppe "Gewaltprävention" im Kommunalen Präventivrat der Verbandsgemeinde Nierstein-Oppenheim im Jahr 2010 ein Konzept zur Alkoholprävention "Feste feiern, vernünftig und ohne Gewalt" entwickelt. Durch ein Bündel von Maßnahmen und Projekten sollen gravierende Ordnungsstörungen und Alkoholmissbrauchsfälle bei Festveranstaltungen verhindert werden. "Free Room" ist in dieses Gesamtkonzept eingebettet.

Eine zentrale Ausgangsüberlegung von "Free Room" ist, dass zur Bekämpfung und Beseitigung der Problemlage das Jugendschutzgesetz und der Fokus auf Kinder und Jugendliche als Zielgruppe alleine nicht ausreichen. Die Zielgruppenorientierung ist daher breit angelegt und die Zielgruppen werden darüber hinaus im Rahmen der eigenen Möglichkeiten dazu angeregt, sich im Bereich Alkoholprävention zu engagieren und eine Vorbildfunktion auszuüben. Dies betrifft gleichermaßen jugendliche und erwachsene Festbesucher wie auch Politik, Veranstalter, Ständebetreiber und Eltern. Durch verschiedene Aktionen und Maßnahmen werden sie bereits im Vorfeld von Festen dazu angeregt, sich präventiv mit den Themen Jugendschutz und riskantem Alkoholkonsum auseinanderzusetzen.

Vorgehen und Umsetzung

"Free Room" bündelt mit Hilfe eines breiten Spektrums an Kooperationspartnern seit 2010 alkoholpräventive Aktionen und Angebote im Vorfeld und während einer Veranstaltung unter einem für ländliche Regionen umsetzbaren Rahmen. Zu den verhaltens- und verhältnispräventiv ausgerichteten Maßnahmen, die insbesondere während der Feste angeboten werden, zählen unter anderem:

  • Free Room auf dem Fest: In der Festsaison 2012 wurde an zwei Standorten (Oppenheim und Nierstein) mit Unterstützung regionaler Projektpartner eine alkoholfreie Alternative für junge und erwachsene Besucher im Pfarrhof der evangelischen Gemeinden angeboten. Neben alkoholfreien Drinks, deren Erlös in die Jugendarbeit vor Ort floss, wurden ein Rauschbrillen-Parcours, ein Promilletester, gesichertes Baumklettern und Chillout-Bereiche angeboten. Im Jugendhilfezentrum gab es im Vorfeld der Feste eine Veranstaltung für jugendliche Multiplikatoren. Darüber hinaus wurden auf den Festen das Jugendschutzgesetz und Auszüge des Gaststättengesetzes an allen Ständen ausgehängt und Jugendschutzkontrollen durchgeführt.
  • Free Room – Multiplikatoren Aktion "Über sich hinausgewachsen": Mit einer Dankeschön-Aktion revanchierten sich die Organisatoren der Feste und Veranstaltungen bei den ehrenamtlich aktiven Jugendlichen und spendierten mit Unterstützung weiterer Förderer einen Ausflug in den Darmstädter Hochseilgarten. Gleichzeitig wurden Lebenskompetenzen mit suchtpräventivem Charakter gefördert (Ängste überwinden, Risiken einschätzen, Grenzen erfahren).
  • Rechtliche Begleitmaßnahmen: Hierbei handelt es sich um Allgemeinverfügungen, die ein Mitführverbot von Alkohol und Glasflaschen anlässlich des Dienheimer Fastnachtsumzuges und der Feste in Oppenheim und Nierstein zum Gegenstand haben. Die Verfügungen werden von der Ordnungsbehörde der Verbandsgemeindeverwaltung für bestimmte Straßenzüge und Tageszeiten erlassen.

Weitere Maßnahmen im Vorfeld von Festen sind beispielsweise Planungstreffen mit dem jeweiligen Veranstalter und den regionalen Kooperationspartnern. Zudem werden auf Einladung des Veranstalters die Ständebetreiber geschult. Die Öffentlichkeitsarbeit wird gezielt auf die alkoholfreien Alternativangebote ausgerichtet und durch Pressegespräche unterstützt. Des Weiteren werden präventive Aktionen und Projekte in Jugendtreffs, bei Konfirmandengruppen und in Schulen durch verschiedene Kooperationspartner durchgeführt und in Eigenregie der Schulen Elternbriefe verfasst. Darüber hinaus findet im Rahmen eines Wochenendseminars unter dem Motto: "Ausbildung von Vorbildern" eine Multiplikatorenschulung für den Einsatz auf Festen statt. In einem Kommunikationsseminar wird eingeübt, wie der aktive Zugang auf Festbesucher gelingen kann. Ein Deeskalationsseminar soll zudem aufzeigen, wie sich die "Vorbilder" vor möglichen Angriffen schützen können bzw. wie sie diese vermeiden können.

Die Wirkungen der alkoholpräventiven Maßnahmen werden von der Verbandsgemeinde sehr positiv bewertet: Beispielsweise konnten in 2012 im Vorfeld von Festen verstärkt jugendliche Multiplikatoren gewonnen werden. Auch sorgte die breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit für ein reges Interesse im Vorfeld von Festen und wurde überregional wahrgenommen. Im Ergebnis konstatieren Polizei und Ordnungsamt eine Stagnation und zum Teil einen Rückgang alkoholbedingter Straftaten und Auffälligkeiten.

Begründung der Prämierung

Der Beitrag setzt mit Alkoholkonsum und Gewalt auf Festen an einem Problem an, das in der Region aufgrund zahlreicher Weinfeste virulent ist.

Insbesondere für eine kleine kreisangehörige Gemeinde im ländlichen Raum ist positiv hervorzuheben, dass eine Gesamtkonzeption für Alkoholprävention entwickelt wurde, in die der Wettbewerbsbeitrag eingebettet ist.

Für die Entwicklung des Konzepts und die Umsetzung der Projekte und Maßnahmen ist die intensive und sehr breit angelegte Kooperation herauszustellen.
Die Maßnahmen sind sowohl verhaltens- als auch verhältnispräventiv angelegt. Besonders zu würdigen ist, dass die Maßnahmen nicht allein während der Feste greifen, sondern im umfassenden Maße auch auf die Phase im Vorfeld von Veranstaltungen ausgerichtet sind.

Die Zielgruppenorientierung ist breit angelegt und geht bewusst über die Gruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen hinaus. Veranstalter, Ständebetreiber, Politik und Eltern werden in die Verantwortung genommen.

Der Ausbau von Schulungen für Ständebetreiber und Ehrenamtliche sowie der Einsatz von Jugendlichen als Multiplikatoren tragen wesentlich dazu bei, dass die Zielgruppen für Alkoholprävention sensibilisiert und selbst für die Alkoholprävention in ihrem jeweiligen Bezugsrahmen aktiv werden.

Es wird dafür Sorge getragen, dass die ehrenamtlichen Leistungen von Jugendlichen Anerkennung erfahren.

Die kommunalpolitische Unterstützung ist durch die Schirmherrschaft des Bürgermeisters gewährleistet.

Das Konzept und die Maßnahmenausrichtung werden seit 2010 laufend überprüft und angepasst.

Eine kleine Gemeinde im ländlichen Raum stellt einen konzeptionell entwickelten Ansatz zur Alkoholprävention vor, der auch in anderen ländlichen Gemeinden zur Anwendung kommen kann und daher einen hohen Transfergehalt aufweist.

 

Fotos von Jugendlichen, die am Projekt Free Room beteiligt sind

 

Zum Originalwettbewerbsbeitrag der Verbandsgemeinde Nierstein-Oppenheim.

 

1 Die Einwohnerzahlen der prämierten Kommunen wurden folgenden Quellen entnommen: Statistisches Bundesamt: Gemeindeverzeichnis online, https://www.destatis.de/gv/ (Abruf Februar 2013); Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Regionaldatenbank, https://www.regionalstatistik.de (Abruf Februar 2013).