Stadt Rothenburg ob der Tauber mit Landkreis Ansbach

Stadt Rothenburg ob der Tauber mit Landkreis Ansbach

 

Preisträgerfoto Stadt Rothenburg ob der Tauber mit Landkreis Ansbach

Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation

Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick

Einwohnerzahl 11.2001
Bundesland Bayern
Landkreis Ansbach
Titel des Beitrags "Tanzen statt Torkeln"
Schwerpunkt des Beitrags Niedrigschwelliges Alkoholpräventionsprojekt mit der Zielgruppe Jugendliche/junge Erwachsene mit einem Peer-Ansatz für das "Taubertalfestival"
Kontakt Paul Seltner
Stadt Rothenburg ob der Tauber
Arbeitskreis Prävention
Perkhofer Straße 18
91541 Rothenburg
Tel.: +49 981 4685480
E-Mail: paul.seltner@landratsamt-ansbach.de

Anlass und Ausgangssituation

Rothenburg ob der Tauber ist eine Kleinstadt im mittelfränkischen Landkreis Ansbach. Sie hat den Status einer Großen Kreisstadt. Alljährlich im Hochsommer findet am Rande der Stadt das "Taubertalfestival", ein dreitägiges Open-Air-Rockmusik-Festival mit international bekannten Bands, statt. Das seit einigen Jahren stets ausverkaufte Festival zieht rund 12.000 Besucher an, ganz überwiegend Jugendliche und junge Erwachsene.

Wie bei anderen Rock-Festivals auch wird dort von einer Reihe von Besuchern viel Alkohol getrunken. Mit zunehmendem Bekanntheitsgrad des Festivals stiegen trotz Polizei- und Sicherheitsdienstpräsenz die Zahl der alkoholisierten Besucher sowie die Probleme, die dadurch entstanden, u.a. Gewaltdelikte. Nach einer gemeinsamen Ausgangs- und Bedarfsanalyse von Polizei, Veranstalter (KARO Konzertagentur GmbH) und Ordnungsamt trat der Veranstalter 2008 an den "Arbeitskreis Prävention" der Stadt Rothenburg heran und bat um Hilfe und ein schlüssiges Konzept. Der Arbeitskreis Prävention der Stadt wiederum mobilisierte daraufhin das Netzwerk aus "Arbeitskreis Prävention Stadt und Landkreis Ansbach", "Kommunaler Jugendarbeit", "Kreisjugendring" sowie regionalen Suchtberatungsstellen und konzipierte gemeinsam mit dem Netzwerk das "Alkoholpräventionsprojekt Taubertalfestival 'Tanzen statt Torkeln'".

Konzeption und Ziele

Zielgruppe des Präventionsprojekts sind 16- bis 25-jährige Männer und Frauen, die das Festival besuchen. Es handelt sich um einen Peer-Ansatz: Zunächst wurden sechs junge Erwachsene, jeweils zur Hälfte Krankenpflege-Schüler und -Schülerinnen der örtlichen Krankenpflegeschule, für ihren Einsatz als Alkoholpräventions-Multiplikatoren fachlich vorbereitet. Sie bekamen zwei je 2,5-stündige Schulungen, die zusammen mit dem Kreisjugendpfleger entwickelt worden waren (Themen: Infos zum Konzept "Tanzen statt Torkeln" und zum Festival, zum Trinkverhalten in der Gesellschaft und dessen Folgen, zum unterschiedlichen Trinkverhalten von Männern und Frauen, Fachinformationen über die Wirkung von Alkohol, dessen Abbau und Alkoholschäden sowie Rollenspiele und Übungen zur Vorbereitung auf das Festivalpublikum).

Vorgehen und Umsetzung

Die so geschulten Peers nehmen auf dem Festival an den drei Tagen zu den meist jugendlichen Besuchern, aber auch zu kleineren Gruppen proaktiv Kontakt auf und unterstützen sie beim Ausfüllen eines Fragebogens zur Selbstreflexion des eigenen Alkoholkonsums. Im Laufe dieses Prozesses ergeben sich themenbezogene Gespräche, die Alternativen zum Rauschtrinken aufzeigen. Belohnt wird das Mitmachen durch kostenloses Mineralwasser und die Teilnahme an einem Gewinnspiel mit attraktiven Preisen (u.a. Eintrittskarten fürs nächste Festival). Zwei bis drei verantwortliche Koordinatoren sind am Infostand des Projekts, der sich an exponierter Lage auf dem Festivalgelände befindet. Vor Ort wird mit Plakaten, Flyern und Buttons auf die Präventionsaktion aufmerksam gemacht.

Foto 1 zeigt zwei junge Frauen im Gespräch, Foto 2 zeigt eine Gruppe Jugendlicher beim Ausfüllen eines Fragebogens

Mit dem Veranstalter des Festivals kooperiert der Arbeitskreis Prävention der Stadt Rothenburg eng. Er konnte ihn z.B. zum Verzicht auf Spirituosen-Marketing bewegen. Der Veranstalter stellt attraktive Preise (Festivaltickets, Festival-T-Shirts) im Wert von 1.000 Euro für das Gewinnspiel zur Verfügung. Zudem bietet er eine kostenlose Stellfläche für den Projekt-Infostand mit Blanko-Plakaten, stellt Bierzeltgarnituren bereit und gewährt den Peers und den Koordinatoren kostenloses Catering sowie freien Zutritt zum Festival. Zudem konnte der Arbeitskreis Prävention mit dem Landratsamt und der Sparkasse Sponsoren gewinnen (Mineralwasser, Becher, Buttons, Zeltpavillon).

Das Projekt wählte bewusst den Ansatz der freiwilligen Selbstreflexion der Zielgruppe. Die persönliche Ansprache auf "Augenhöhe" innerhalb der Peergroup und ohne "erhobenen Zeigefinger" soll sicherstellen, dass die Inhalte glaubwürdig vermittelt werden. Das Gefühl von Wertschätzung soll durch kleine Gesten (kostenloses Glas Mineralwasser) und die Möglichkeit, attraktive Preise zu gewinnen, verstärkt werden.

2012 konnten auf diese Weise 15 bis 20 Prozent der Festivalbesucher direkt durch die Peers und/oder am Infostand erreicht werden (15 Prozent der Festivalbesucher füllten den Fragebogen aus). Es ist aber davon auszugehen, dass weitere Festivalbesucher von der Aktion erzählt bekamen oder über die rund 2.000 verteilten Buttons auf die Aktion aufmerksam wurden, dass also die erreichten Jugendlichen als Multiplikatoren gewirkt haben. Das Projekt soll auch in den nächsten Jahren fortgesetzt werden.

Begründung der Prämierung

Der Arbeitskreis Prävention der kreisangehörigen Stadt Rothenburg ob der Tauber hat ein mit steigender Popularität ihres Rockfestivals "Taubertalfestival" wachsendes Problem mit dortigem Alkoholkonsum und daraus resultierenden Folgeproblemen wie Gewaltdelikten aufgegriffen – Probleme wie sie typisch für große Open-Air-Festivals sind, die mehrheitlich von Jugendlichen und jungen Erwachsenen besucht werden. Er entwickelte gemeinsam mit dem "Arbeitskreis Prävention Stadt und Landkreis Ansbach"ein detailliertes Präventionskonzept mit klaren Zielstellungen.

Zu loben ist die geschlechtssensible Herangehensweise: Sowohl männliche als auch weibliche Peers sind im Einsatz und wurden zum unterschiedlichen Trinkverhalten von Männern und Frauen geschult.

Das Projekt ist statistisch gut ausgewertet: Der Fragebogenrücklauf, die Zahl der Ausnüchterungspatienten und die Zahl der Gewaltdelikte sind seit Beginn des Projekts erfasst. Seit 2008 stieg jedes Jahr die Zahl derer, die die Fragebogen ausfüllten, es konnten also jedes Jahr mehr junge Besucher erreicht werden. Die Zahl der Ausnüchterungspatienten ist zunächst stark gesunken, dann aber wieder leicht angestiegen (was die Stadt mit einer höheren Sensibilität der Besucher und der Einsatzkräfte gegenüber dem Thema begründet), die Zahl der Gewaltdelikte auf dem Festivalgelände ist kontinuierlich gesunken.

Die Kleinstadt Rothenburg ob der Tauber bezieht in dem verantwortlichen "Arbeitskreis Prävention" die relevanten kommunalen Akteure ein (Vertreter der örtlichen Schulen, der Polizei, der Stadtverwaltung, der Kirchen, Vereine und Verbände sowie der kommunalen und gemeindlichen Jugendarbeit). Zudem ist der Arbeitskreis in ein regionales Netzwerk ("AK Prävention Stadt und Landkreis Ansbach", "Kommunale Jugendarbeit", "Kreisjugendring" sowie regionale Suchtberatungsstellen) eingebunden.

 

Die Fotos zeigen Mitglieder des Projektteams und Besucher des Festivals

 

Zum Originalwettbewerbsbeitrag der Stadt Rothenburg ob der Tauber und des Landkreises Ansbach.

 

1 Die Einwohnerzahlen der prämierten Kommunen wurden folgenden Quellen entnommen: Statistisches Bundesamt: Gemeindeverzeichnis online, https://www.destatis.de/gv/ (Abruf Februar 2013); Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Regionaldatenbank, https://www.regionalstatistik.de (Abruf Februar 2013).