Landkreis Weilheim-Schongau

Foto der Preisträger

Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation

Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick

Einwohnerzahl 517.0001
Bundesland Bayern
Titel des Beitrags "Wir geben Halt" – Eine Aktion des Präventionskreises Sucht gegen den Alkoholmissbrauch von Jugendlichen im Landkreis Weilheim-Schongau
Schwerpunkt des Beitrags Programm zur Prävention von riskantem Alkoholgebrauch von Kindern und Jugendlichen
Einzelprojekte
  1. no alc for kids
  2. Basics zu Sucht – Rechtliche, medizinische und soziale Aspekte der Weitergabe von Alkohol an Minderjährige
  3. Partykisten für alkoholfreie Feste oder Stände
Kontakt Petra Regauer
Landratsamt Weilheim-Schongau
Gesundheitsamt
Suchtpräventionsfachkraft
Stainhartstraße 7
82362 Weilheim
Tel.: +49 881 6811615
E-Mail: p.regauer@lra-wm.de

Anlass und Ausgangssituation

Im Landkreis Weilheim-Schongau gibt es immer wieder Vorfälle mit zum Teil lebensbedrohlichen Alkoholvergiftungen bei Jugendlichen. Um der allgemein hohen gesellschaftlichen Akzeptanz von Alkohol und der Zunahme von Bindge-Drinking und "Komasaufen" im Landkreis entgegenzuwirken, hat sich der gesamte Landkreis zur Alkoholprävention bekannt: Alle Bürgermeister der 34 Gemeinden und Städte schlossen sich dem Programm "Wir geben Halt" an, das vom Präventionskreis Sucht des Landkreises initiiert wurde.

Konzeption und Ziele

Im Mittelpunkt der landkreisweiten Aktion zur Alkoholprävention steht der öffentliche Raum. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf problematischem Alkoholkonsum von Jugendlichen im Kontext von:

  • örtlichen Festen und Veranstaltungen sowie Großveranstaltungen,
  • Aktivitäten von Vereinen und Verbänden,
  • Bauwagen, Buden und Hütten, bei denen es keinen Verantwortlichen gibt,
  • spontanen Treffen im öffentlichen Raum, Verabredungen an Szene-Plätzen.

Übergreifende Programmziele richten sich u.a. auf

  • die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes sowie eine konsequentere Ahndung der Weitergabe von Alkohol an Jugendliche und die Ausschöpfung des Strafrahmens bei Verstößen,
  • die Aufklärung über die möglichen Folgen der Weitergabe von Alkohol,
  • die Förderung von Verantwortung und Zivilcourage,
  • die Verringerung der Zahl der medizinischen Notfälle durch Alkoholmissbrauch,
  • die Förderung von verantwortungsvollem Umgang mit Alkohol.

Das Zielgruppenspektrum ist breit angelegt und umfasst neben den Jugendlichen auch die Anbieterseite, Multiplikatoren, Ärzte, Eltern und Politiker.

Vorgehen und Umsetzung

Zur Erfassung der lokalen Ausgangslage wurde jedem Bürgermeister gemeinsam mit den Mitarbeitern aus dem Ordnungsamt, dem Jugendreferenten und verschiedenen Vereinsvorsitzenden ein eigenes Beratungsgespräch durch eine Präventionsfachkraft angeboten. Bei diesem Gespräch, das gleichzeitig der Sensibilisierung für das Thema diente, wurde erfasst, welche alkohol- und suchtpräventiven Angebote es vor Ort bereits gibt und welche Bedarfe bestehen. Auf diese Weise entstand für jede Kommune im Landkreis eine eigene Agenda. Zugleich sollten die Beratungsgespräche zur Optimierung und Vernetzung der Angebote an verschiedenen Orten sowie zur Ideensammlung und gemeinsamen Erprobung von Maßnahmen beitragen.

Bislang wurden insbesondere folgende landkreisweiten Aktivitäten initiiert:

  • no alc for kids: Gemeinsam mit Fachleuten und Eltern wurde ein Konzept erarbeitet, um die illegale Abgabe von Alkohol zu verhindern. Im Fokus stehen Supermärkte, Tankstellen, Fahrschulen, Getränkemärkte und Gaststätten. Deren Angestellte werden zu den gesetzlichen Grundlagen des Jugendschutzgesetzes geschult, und in Rollenspielen werden typische Verkaufs- und Konfliktsituationen nachgespielt. Die Schulungen werden von Mitarbeitern des Gesundheitsamtes und Mitgliedern des Präventionskreises Sucht durchgeführt.
  • Basics zu Sucht – Rechtliche, medizinische und soziale Aspekte der Weitergabe von Alkohol an Minderjährige: Alle Schüler der Klassenstufe 9 und 10 eignen sich mittels Schulungen Basiswissen über den Umgang mit Alkohol an. Unter Bezugnahme auf aktuelle Ereignisse geht es hierbei um Themen wie rechtliche und medizinische Grundlagen zum Alkoholkonsum, Risikokompetenz und Genusskultur.
  • Partykisten für alkoholfreie Feste oder Stände: Kisten mit Rezepten und weiteren Materialien, um alkoholfreie Drinks herzustellen, sollen zum Ausprobieren ermuntern. Die Partykisten können von Schulen, Vereinen und Einrichtungen kostenlos ausgeliehen werden.
  • Vereinbarung/Vertrag "5 aus 12" für Veranstalter von Festen: In der Vereinbarung wird festgelegt, dass ein Veranstalter sich fünf aus zwölf dem Jugendschutz dienenden Maßnahmen aussuchen kann, wobei eine Schulungsmaßnahme zum Thema Alkohol und Jugendschutz ("no alc for kids") obligatorisch ist.
  • Die meisten Gemeinden des Kreises haben eine Verordnung verabschiedet, die besagt, dass Alkoholkonsum nur mit Ausnahmegenehmigung auf öffentlichen Plätzen erlaubt ist.
  • In Bussen im Landkreis besteht ein Alkoholverbot (auch in Party-Nachtbussen).
  • Das Weilheimer HaLT- Projekt wurde in den vier Krankenhäusern des Landkreises etabliert.
  • An vielen Schulen im Landkreis finden regelmäßig präventive Projekte sowie Informations- und Aktionstage statt, die durch Fachleute und Polizei unterstützt werden (Sauba bleim, Rauschbrillenparcours, Voll die Party). Zudem wird im Rahmen von Elternabenden über die Risiken und Gefahren eines übermäßigen Alkoholkonsums aufgeklärt
  • Weil festgestellt wurde, dass Jugendliche Alkohol meist über volljährige Freunde oder Bekannte bekommen, wird die Peer-Arbeit verstärkt: So übernehmen ältere Schüler die Rolle von Tutoren in der Suchtprävention unter dem Motto "Fang ned o!".
  • In vielen Gemeinden des Landkreises und bei einer großen Zahl von Vereinen und Verbänden hält der Präventionskreis des Landkreises Sucht Vorträge zum Thema "Jugendliche und riskanter Alkoholkonsum".

Darüber hinaus gibt an Fahrschulen Workshops zum Thema Alkohol, und es wurde ein Videoclip zum Thema Sucht erstellt.
Die Koordination der vielfältigen Aktivitäten erfolgt über den Präventionskreis Sucht des Landkreises, Mitarbeiter des Gesundheitsamtes Weilheim und die Psychosoziale Beratungsstelle Herzogsägmühle. Darüber hinaus unterstützt ein breites Spektrum an Akteuren die Umsetzung des Programms.

Begründung der Prämierung

Der öffentliche Raum steht im Fokus des Wettbewerbsbeitrags.

Die programmatische Ausrichtung gewährleistet, dass eine Vielzahl von Einzelprojekten zielgerichtet weiterentwickelt und miteinander verknüpft wird und es einen verbindlichen Rahmen für die Zusammenarbeit gibt.

Durch die lokal ausgerichteten Beratungsgespräche in jeder Gemeinde zu Beginn der Implementation des Programms wird sichergestellt, dass die Ausrichtung der Aktivitäten bedarfsorientiert erfolgt. Darüber hinaus wird die Politik (Bürgermeisterebene) "für die Sache gewonnen" und ist von Beginn an in die Prozesse lernend und gestaltend einbezogen.

Die Netzwerkstrukturen sind stabil und die kommunalen Akteure nehmen hierbei eine zentrale Rolle ein.

Die umfassende Ausrichtung auf verschiedene Settings (insbesondere Vereine, Schulen) und unterschiedliche Zielgruppen trägt dazu bei, dass die Implementation des Programms nachhaltige und breite Wirkung entfalten kann.

Das Zielspektrum ist umfassend; verhaltens- und verhältnispräventive Maßnahmen greifen vorbildlich ineinander. Der Fokus liegt auf Aufklärung und der Förderung verantwortlichen Handelns – wobei die Politik und die Anbieterseite als wichtige Akteure in die Verantwortung genommen werden.

Das Programm und seine Implementation entfalten eine breite Flächenwirkung, da der gesamte Landkreis einbezogen ist und sich in vorbildlicher Weise für Alkoholprävention engagiert. Gleichzeitig können auf diese Weise Angebote optimiert und Ressourcen gebündelt sowie Austausch und Lernprozesse befördert werden.

 

 

Zum Originalwettbewerbsbeitrag des Landkreises Weilheim-Schongau.

 

1 Die Einwohnerzahlen der prämierten Kommunen wurden folgenden Quellen entnommen: Statistisches Bundesamt: Gemeindeverzeichnis online, https://www.destatis.de/gv/ (Abruf Februar 2013); Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Regionaldatenbank, https://www.regionalstatistik.de (Abruf Februar 2013).